Deutsch: Gedichtsanalyse

Du beschäftigst dich im Deutsch-Unterricht im Moment mit der Analyse von Gedichten und mit der Frage: Wie schreibt man eine Gedichtsanalyse? Dann bist du hier genau richtig - steig direkt ins Thema ein.

Webinar: Gedichtsanalyse Teil 1

Gedichtanalyse - Definition

Eine Gedichtanalyse nimmt ein Gedicht genauer unter die Lupe und untersucht seinen Inhalt, seine Form und Sprache. Sie verschafft den Lesern einen guten Überblick über das Gedicht, inhaltlich, äußerlich und sprachlich.

Die Ergebnisse helfen dir im Anschluss, das Gedicht zu deuten und eine Gedichtinterpretation zu schreiben. In einer Analyse wird das Gedicht also zunächst in seine einzelnen Bestandteile zerlegt, welche die Grundlage für eine anschließende Interpretation bilden.

Im Fach Deutsch wird dir diese Aufgabe sicherlich häufiger begegnen, sodass es sich lohnt, die Grundzüge einer Analyse zu lernen, damit du weißt, worauf es dabei zu achten gilt. 

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Merke

 Eine Gedichtanalyse ist noch keine Gedichtinterpretation. Sie beschäftigt sich mit den Gegebenheiten des Gedichts, seinem Inhalt, seiner Sprache und Form, während eine Interpretation einen Schritt weitergeht und das Analysierte deutet, also „zwischen den Zeilen liest“.

Um dich gut auf die Analyse des Gedichts vorzubereiten, solltest du es zunächst mehrfach gründlich lesen. Markiere dir dabei bereits wichtige Begriffe, bedeutsame Stellen und alles, was dir auffällt oder sonderbar erscheint. Schlage gegebenenfalls Wörter nach, die du noch nicht kennst.

Gedichtanalyse - Inhalt

Hast du alles verstanden, verschaffst du dir als Nächstes einen Überblick. Gehe das Gedicht Strophe für Strophe durch und fasse jeden Sinnabschnitt kurz zusammen. Ein Sinnabschnitt ist ein zusammengehöriger Textabschnitt, der inhaltlich abgeschlossen ist. Das kann eine ganze Strophe sein, manchmal aber sind es nur einzelne Zeilen. 

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Merke

Wann ein Sinnabschnitt endet, erkennst du zum Beispiel daran, wenn ein neues Thema beginnt, sich die Situation verändert oder der Sprecher oder die Zeitform wechselt.

Hast du bereits eine Idee, was der Autor bzw. die Autorin mit dem Gedicht aussagen will? Dann stellst du eine Deutungshypothese auf, indem du die Absicht des Dichters bzw. der Dichterin ausformulierst.

Bist du unsicher, hilft eventuell ein Blick in dessen bzw. deren Biografie. Vielleicht hat er oder sie Ähnliches erlebt und dies in dem Gedicht verarbeitet, oder es war eine Auftragsarbeit zu einem bestimmten Anlass.

Auch eine Auseinandersetzung mit der jeweiligen literarischen Epoche kann helfen, zu erkennen, womit sich darin auseinandergesetzt wurde.


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Gedichtinterpretation: Form und Sprache

Ist der Inhalt klar, kannst du dich der äußeren Form des Gedichts widmen. Dazu gehören Gedichtart, Metrik und Reimschema.

Schillers „Ode an die Freude“ ist beispielsweise eine Ode. Weitere Gedichtarten sind zum Beispiel das Sonett, die Ballade oder Hymne. Liegt ein Kreuzreim oder ein Paarreim vor – oder gar beide?

Weitere Reimschemen können der Schweifreim und der umarmende Reim sein. Welches Versmaß wurde verwendet? Hier untersuchst du die einzelnen Zeilen auf ihre Betonung hin. Lies dir das Gedicht dazu am besten laut vor. Gängige Metren sind der Jambus, Trochäus, Daktylus und der Anapäst.

Wirf anschließend einen Blick auf die Sprache des Gedichts.

  • Wer spricht, also mit welchem lyrischen Ich hast du es zu tun?
  • Gibt es einen oder mehrere Sprecher?
  • Welche sprachlichen Mittel wurden verwendet?
  • Welche Stilmittel kannst du finden? Tritt ein bestimmter Satzbau besonders hervor?
  • Oder kommen beispielsweise hauptsächlich Adjektive zum Einsatz?
  • Beliebte Stilmittel sind beispielsweise die Metapher, Allegorie, das Oxymoron, Paradoxon oder der Vergleich. 

Literarische Einordnung

Bevor du dich an die Interpretation eines Gedichts wagen kannst, ist es wichtig, zu wissen, wann und unter welchen Umständen es geschrieben wurde.

Der historische und gesellschaftliche Hintergrund des Schreibers bzw. der Schreiberin sind elementar, um die Situation zu verstehen, in der es entstand. Den ersten Hinweis gibt das Entstehungsjahr.

Da sich manche Epochen und Strömungen aber nebeneinander ereigneten oder ineinander übergingen, schau dir danach die Biografie des Verfassers bzw. der Verfasserin genauer an.

Beispiele für literarische Epochen sind

  • der Sturm und Drang
  • die Weimarer Klassik
  • die Romantik.

Goethe beispielsweise erlebte alle drei Epochen, stand der Romantik aber kritisch gegenüber, weshalb sein Spätwerk der Klassik zuzuordnen ist.

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Gut zu wissen

Auch das Gedicht gibt dir Hinweise, welcher literarischen Epoche es zuzuordnen ist. Wenn du die Merkmale kennst, die in der jeweiligen Zeit gängig waren, oder weißt, womit sich die Künstler inhaltlich auseinandersetzten, kannst du prüfen, ob du sie in dem Gedicht wiederfindest.

Wie schreibt man eine Gedichtanalyse?

Bist du mit deinen Vorbereitungen fertig, kannst du mit dem Schreiben der Gedichtanalyse beginnen. Wie eigentlich jeder Text folgt auch diese Textart dem Aufbau Einleitung, Hauptteil und Schluss. 

Einleitung

In der Einleitung deiner Gedichtanalyse informierst du deine Leser über die grundlegenden Informationen des Gedichts wie Autor, Titel, Erscheinungsjahr, Gedichtsart und Epoche und eventuell weitere Fakten, die von Bedeutung sind. Analysierst du beispielsweise Friedrich Schillers Gedicht „Oder an die Freude“ könnte deine Einleitung folgendermaßen aussehen:

"Friedrich Schillers Gedicht „Ode an die Freude“ entstand während seiner zweiten Schaffensperiode und wurde im Jahr 1785 fertiggestellt. Es ist der Weimarer Klassik zuzuordnen und gehört zu seinen bekanntesten Gedichten. Berühmt wurde es schließlich, als Ludwig van Beethoven es für den 4. Satz seiner 9. Sinfonie nutzte."

Anschließend nennst du das Thema des Gedichts und stellst deine Deutungshypothese auf. Das kann auch eine Frage sein, die du im Verlauf deiner Analyse beantwortest. In unserem Beispiel könnte das folgendermaßen aussehen:

"Schiller widmet das Gedicht der Freude. Er betrachtet sie als göttliches Element, das in der Lage ist, alle Menschen miteinander zu vereinen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Stand. Meiner Ansicht nach ruft Schiller die Menschen damit auf, sich gemeinsam in die Freude zu begeben, und verbreitet damit Optimismus und ein positives Menschenbild."

Hauptteil

Im Hauptteil gehst du zunächst auf den Inhalt ein und fasst das Gedicht Abschnitt für Abschnitt zusammen. Nimm dir dafür deine Notizen zur Hand und formuliere sie entsprechend aus.

Achte darauf, nur das Wichtigste wiederzugeben. Deine Leser sollen einen guten Überblick über das Gedicht bekommen, damit sie wissen, worum es darin geht, und deiner Analyse folgen können. In unserem Beispiel könnte das so aussehen:

"Schillers „Ode an die Freude“ besteht aus acht Strophen. In der ersten preist das lyrische Ich die gottgegebene Freude, in der sich der Mensch vereint, unabhängig seines sozialen Status („Bettler werden Fürstenbrüder“). Die zweite Strophe thematisiert die Freundschaft. Diejenigen werden aufgerufen, die Freunde zu teilen, die Freude und Freundschaft schätzen."

Widme dich in diesem Teil auch dem lyrischen Ich, also dem Sprecher des Gedichts.

  • Mit welcher Art lyrischem Ich hast du es zu tun?
  • Gibt es vielleicht einen Sprecherwechsel?

Bei Schiller wechseln sich beispielsweise das lyrische Ich und ein Chor ab, nach jeder Strophe kommen also weitere Stimmen hinzu. 

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Merke

Das lyrische Ich ist nicht der Autor bzw. die Autorin des Gedichts. Lass dich von der Ich-Form nicht in die Irre führen. Das lyrische Ich ist eine Figur bzw. Stimme, die der Verfasser eigens für das Gedicht erschaffen hat.

Anschließend nimmst du die Form des Gedichts genauer unter die Lupe, und zwar die Verse und Strophen, das Reimschema, das Metrum und die Kadenzen.

  • Wie viele Strophen und Verse hat das Gedicht?
  • Gibt es Wiederholungen, beispielsweise einen Refrain?
  • Folgt der oder die Dichter*in einem bestimmten Reimschema wie einem Paarreim (aabb) oder Kreuzreim (abab)? Liegt ein bestimmtes Versmaß vor? Das kann beispielsweise ein Jambus sein, bei dem auf eine unbetonte Silbe ein betonte folgt, oder ein Trochäus, bei dem die Reihenfolge umgekehrt ist.

Die letzte Silbe eines Verses ist in der Lyrik von besonderer Bedeutung, die sogenannte Kadenz. Schauen wir uns an einem Beispiel an, wie du die Form des Gedichts sprachlich darstellen kannst: 

"Schillers Gedicht „An die Freude“ besteht aus acht Strophen mit jeweils acht Versen, die sich mit acht Chorstrophen mit jeweils vier Versen abwechseln. Das Versmaß besteht aus vierhebigen Trochäen, das heißt, jeder Vers hat vier regelmäßig betonte Silben. Die achtversigen Strophen beinhalten jeweils zwei aufeinanderfolgende Kreuzreime (ababcdcd), bei denen sich männliche und weibliche Kadenzen abwechseln. Die Chorstrophen bestehen hingehen aus einem umarmenden Reim (abba)."

Hast du die äußeren Merkmale verständlich erklärt, ist die Sprache dran, die in dem Gedicht verwendet wurde.

  • Welche sprachlichen Auffälligkeiten liegen vor?
  • Folgt der oder die Autor*in einem bestimmten Satzbau?
  • Welche Wörter wiederholen sich? Kommen viele Adjektive zum Einsatz?
  • Welche Stilmittel hast du erkannt? Nutzt der bzw. die Dichter*in Metaphern, Gegensatzpaare oder Allegorien?
  • Welche Wirkung wird damit erzielt?

Nutz gern Beispiele, um deine Erkenntnisse zu unterstreichen, zum Beispiel: 

"Schiller nutzt eine sehr bildhafte Sprache, beispielsweise wenn er das Leben mit einer Uhr vergleicht, die von der Freude angetrieben wird: „Freude, Freude treibt die Räder / In der großen Weltenuhr.“"

Schluss

Im Schlussteil fasst du das Wichtigste noch einmal in aller Kürze zusammen und ziehst dein Fazit. Das heißt, du greifst deine Deutungshypothese wieder auf, die du in der Einleitung deiner Gedichtanalyse gestellt hast, und erläuterst, ob (und wenn ja, inwiefern) sie sich bestätigt.

Deine Argumente kannst du auch hier gern mit Beispielen belegen. Achte aber darauf, nichts Neues mehr anzubringen. Im Schluss einer Gedichtanalyse ist kein Platz für neue Erkenntnisse. Alles, worauf du dich stützt, sollte im Hauptteil erklärt worden sein. In der Praxis könnte das so aussehen: 

"Wie aus meiner Analyse hervorgeht, widmet sich Schiller in seinem Gedicht der Freude und dem Zusammengehörigkeitsgefühl des Menschen. Er ruft den Menschen dazu auf, sich gemeinsam in die Freude zu begeben, wie es an zahlreichen Stellen zu sehen ist: „Seid umschlungen, Millionen! / Diesen Kuß der ganzen Welt!“ oder „Freude trinken alle Wesen“. Er verbreitet damit ein positives Menschenbild, dem Trauer und Einsamkeit entgegenstehen („Und wers nie gekonnt, der stehle / Weinend sich aus diesem Bund!“). Damit entspricht das Gedicht dem Zeitgeist der Menschen, die sich nur wenige Jahre vor der Französischen Revolution mehr und mehr weg von der Ständegesellschaft und hin zu ihrer eigenen Identität wandten. Freude steht jedem zu, egal, wer man ist und woher man herkommt."

Mit deiner Analyse hast du nun eine hervorragende Grundlage geschaffen, das Gedicht im nächsten Schritt zu interpretieren.

Gedichtanalyse – das Wichtigste in Kürze

  • Eine Gedichtanalyse untersucht ein Gedicht auf Inhalt, Form und Sprache hin.
  • Zur Vorbereitung ist es wichtig, das Gedicht mehrmals gründlich durchzulesen, die einzelnen Strophen kurz inhaltlich zusammenzufassen, Form und sprachliche Mittel zu bestimmen und es einer Literaturepoche zuzuordnen.
  • Eine Gedichtanalyse besteht aus einer Einleitung, einem Hauptteil und einem Schluss.
  • In die Einleitung gehören allgemeine Fakten des Gedichts wie Autor, Titel, Erscheinungsjahr, Gedichtsart, Thema, Epoche und eine Deutungshypothese.
  • Im Hauptteil werden die Ergebnisse der Vorbereitung ausformuliert und die Erkenntnisse mit Beispielen versehen.
  • Im Schluss ziehst du ein Fazit, wiederholst die wichtigsten Erkenntnisse und greifst die Deutungshypothese aus der Einleitung wieder auf.
  • Eine Gedichtanalyse ist die Grundlage für eine Gedichtinterpretation.
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