Der "ablativus absolutus" ist eine Partizipalkonstruktion, die anstelle eines Nebensatzes tritt. Welches zeitliche Verhältnis dabei besteht und wie das Ganze übersetzt bzw. verknüpft wird, erfährst du hier.
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Der Ablativus absolutus(„abl.abs“.)ist wie das Participium coniunctum (PC) eine Partizipialkonstrukion. Ein abl.abs. besteht wenigstens aus einem Partizip und dessen Bezugswort im Ablativ. In einem abl.abs. können sowohl Partizip Präsens Aktiv (PPA) als auch Partizip Perfekt Passiv (PPP) stehen. Er bezeichnet immer ein dem übergeordneten Satz gegenüber eigenständiges Geschehen, eine Handlung mit eigenem Subjekt, die allerdings in einem adverbialen Verhältnis zum übergeordnetem Prädikat steht. Im Unterschied zum PC ist nämlich das Nomen, auf das sich das Partizip bezieht, kein Satzglied des übergeordneten Satzes, weshalb die Konstruktion gleichsam losgelöst (absolutus) vom Rest des Satzes ist. Darum kannst du einen abl.abs. weder wörtlich noch mit einem Relativsatz übersetzen, denn dazu müsste das Bezugswort gleichzeitig ein Satzglied des übergeordneten Satzes sein: Liberis ludentibus mater laborat. Die Kinder spielen – die Mutter arbeitet Während die Kinder spielen, arbeitet die Mutter. Zur Übersetzung ist es wohl am einfachsten den abl.abs. zuerst als eigenständigen Hauptsatz zu übersetzen, indem du das Partizip zum Prädikat machst und dessen Bezugswort zum Subjekt. Überlege anschließend in welchem Sinnverhältnis (temporal, kausal, konzessiv, adversativ, modal, konditional) der abl.abs. zum übergeordneten Satz steht. Entscheide dich dann für eine sinngemäße Übersetzung. Zeitverhältnis Das Partizip gibt wie bei der PC-Konstruktion an, in welchem Zeitenverhältnis die Handlung zur übergeordneten Handlung steht. Es gilt:
Rahmenstellung Oft wird auch das Partizip des abl.abs. durch weitere Satzglieder ergänzt. Dann bilden Partizip und Bezugswort meistens einen Rahmen um diese Ergänzungen (geschlossener Ausdruck), sodass diese deutlich vom überge-ordneten Satz abgegrenzt sind. Helena Troiam abducta Menelaos suscensuit. Helena war nach Troja entführt worden - Menelaos geriet in Wut. Weil Helena nach Troja entführt worden war, geriet Menelaos in Wut. Übersetzungsmöglichkeiten Es gibt drei Möglichkeiten einen abl.abs. zu übersetzen. Hauptsatz/Beiordnung Du kannst einen abl.abs. meistens problemlos als Hauptsatz übersetzen (s.o.). Überlege dir, welches Sinnverhältnis zwischen abl.abs. und übergeordnetem Satz besteht, und verbinde die beiden (Haupt)Sätze (aufgelöster abl.abs. + übergeordneter Satz) als Satzreihe. Verwende dazu passende beiordnende Konjunktionen und/oder Konjunktionaladverbien (dadurch, dabei, danach, deswegen…): Ceteris dubitantibus tibi credidi. Die Übrigen zweifelten – ich glaubte dir. Die Übrigen zweifelten, aber ich glaubte dir. Die Übrigen zweifelten, dennoch/trotzdem glaubte ich dir. Hostibus victis imperator triumphum aget. Die Feinde sind besiegt worden – der Feldherr wird einen Triumphzug abhalten. Die Feinde sind besiegt worden, deshalb/ daher wird der Feldherr einen Triumphzug abhalten. Nullo spectante fugere mihi licuit. Niemand schaute – es war mir gestattet zu fliehen. Niemand schaute, dadurch/auf diese Weise war es mir vergönnt zu fliehen. Es war mir vergönnt zu fliehen, denn niemand schaute. Es war mir vergönnt zu fliehen und niemand schaute dabei zu. Adverbialsatz/Unterordnung Bei der Übersetzung mit einem adverbialen Nebensatz wird das Partizip zum Prädikat, sein Bezugswort zum Subjekt. Welche Sinnrichtung das Partizip ausdrückt, lässt sich nur aus dem Kontexterschließen. Die Adverbialsätze können temporal, kausal, modal, konditional, konzessiv oder adversativ sein. Wähle im Zweifelsfall eine temporale Übersetzung. Ceteris dubitantibus tibi credidi. Die Übrigen zweifelten – ich glaubte dir. Während die Übrigen zweifelten, glaubte ich dir. (adversativ= Gegensatz) Obwohl die Übrigen zweifelten, glaubte ich dir. (konzessiv= Einschränkung) Hostibus victis imperator triumphum aget. Die Feinde sind besiegt worden – der Feldherr wird einen Triumphzug abhalten. Sobald/Wenn die Feinde besiegt werden, wird der Feldherr einen Triumphzug abhalten. Als PPP drückt victis Vorzeitigkeit aus, hier zum Futur I. Es entspricht (temporal= Zeitpunkt) also einemFutur II und darf daher auch mit Präsens übersetzt werden! Falls/Wenn die Feinde besiegt werden, wird der Feldherr einen Triumphzug abhalten. (konditional= Bedingung) Da/Weil die Feinde besiegt worden sind, wird der Feldherr einen Triumphzug abhalten. (kausal= Begründung) Nullo spectante fugere mihi licuit. Niemand schaute – es war mir gestattet zu fliehen. Weil/Da niemand schaute, konnte ich fliehen. (kausal= Begründung). Ich konnte fliehen, ohne dass jemand es sah / zuschaute. (modal= Art und Weise) Ich konnte fliehen, wobei niemand es sah / zuschaute. (modal= Art und Weise) | ||||
Präpositionalausdruck/Substantivierung Du kannst die erkannte Sinnrichtung oft mit einem Präpositionalausdruck übersetzen. Hierzu musst du das Partizip in ein sinngemäßes Verbalsubstantiv verwandeln, von dem du dann das Bezugswort als Attribut abhängig machst: ceteris dubitantibus trotz des Zögerns der Übrigen beim Zögern der Übrigen durch das Zögern der Übrigen während des Zögerns der Übrigen hostibus victis nach dem Sieg über die Feinde im Falle des Sieges über die Feinde wegen/angesichts des Sieges über d. Feinde nullo spectante ohne Zuschauer Diese Möglichkeit solltest du besonders beim PPP in Betracht ziehen, da ein Präpositionalausdruck oft eleganter und angenehmer klingt als ein umständ- liches Passiv. Vergleiche die folgenden Übersetzungen von «ponte facto»: Adverbialsatz Präpositionalausdruck nachdem die Brücke gebaut worden war // nach dem Bau der Brücke indem die Brücke gebaut worden war // durch den Bau der Brücke weil die Brücke gebaut worden war // wegen des Baus der Brücke obwohl die Brücke gebaut worden war // trotz des Baus der Brücke |
Schwierigkeitsgrad 1
Arbeitsblatt-Nr. 11303
Schwierigkeitsgrad 1
Arbeitsblatt-Nr. 7554
Schwierigkeitsgrad 1
Arbeitsblatt-Nr. 3220